Im Januar trat Gerhard Wägemann seit 1971 Mitglied im TSV 1860 Weißenburg, sein Amt als Landrat an. Beim Ehrungsabend des Vereins konnte er leider nicht anwesend sein. Deswegen überreichte ich ihm die Goldene Ehrennadel des TSV 1860 für 40 Jahre treue Mitgliedschaft nachträglich im Landratsamt. Dabei hatte ich gemeinsam mit Markus Scharrer Gelegenheit, ihm einige Fragen zu sportlichen Themen zu stellen.

Lieber Herr Wägemann, ich durfte Ihnen heute die goldene Ehrennadel des TSV 1860 Weißenburg für 40-jährige Mitgliedschaft überreichen. Herzlichen Glückwunsch.

Wie sind Sie denn zum TSV 1860 gekommen?

Mein älterer - inzwischen leider schon verstorbener - Bruder war als Jugendlicher bei den Ringern in Weißenburg. Das animierte mich - und später auch meinen jüngeren Bruder Heiner -  ebenfalls das Jugendtraining bei den Ringern unter dem damaligen Trainer, dem legendären Rudolf Rotter, aufzunehmen. Damit war dann natürlich auch die Mitgliedschaft im Verein verbunden. Ich nahm an einigen Wettkämpfen im Ringen teil, trainierte aber auch in der Leichtathletik mit. Es war eine unvergessliche Zeit. Leider musste ich mich später aus beruflichen Gründen zurückziehen.

Obwohl Sie im Verein keinen Sport mehr betreiben, haben Sie ihm die Treue gehalten. Herzlichen Dank dafür.

Was bedeutet Ihnen heute die Mitgliedschaft zum TSV 1860 Weißenburg?

Es ist der Verein, dem ich als mit Abstand allerersten beitrat und mit dem mich viele Ereignisse und persönliche Begegnungen verbinden. Hier habe ich meine ersten sportlichen Erfahrungen gesammelt.  Insoweit fühle ich mich „meinem" TSV 1860 Weißenburg persönlich und emotional nach wie vor eng verbunden. Daher ist mir auch heute noch die Mitgliedschaft in „meinem" Verein wichtig. Außerdem unterstütze ich damit einen Sportverein, der dies auch verdient. Damit kann ich etwas von dem zurückgeben, was mir der Verein geboten hat.

Welche Leistungen erbringen aus Ihrer Sicht heute Sportvereine für die Gesellschaft?

Die Sportvereine erbringen eine Vielzahl von positiven Leistungen. Neben dem gesundheitlichen Wert für den Einzelnen hat der Vereinssport große Bedeutung im gesellschaftlichen Bereich, im Miteinander und vor allem im Kinder- und Jugendbereich. Sinnvolle Freizeitgestaltung ohne Medienkonsum ist im Verein möglich; Werte wie Teamfähigkeit, Sportsgeist, Fairness sowie die körperliche und soziale Entwicklung der Sportler wird gefördert. Darüber hinaus erbringen Sportvereine auch eine wichtige Leistung im Bereich der Integration.

Welche dieser Leistungen erscheint Ihnen besonders wichtig und warum?

Das Einbringen in eine Gemeinschaft, das Erlernen sozialer Verantwortung, die Akzeptanz von Regeln sind für mich neben der körperlichen Ertüchtigung, der Steigerung der Fitness und der präventiven Gesundheitsvorsorge besonders wichtig.

Als Vorsitzender des Landessportbeirates in Bayern haben Sie hautnah erlebt, mit welchen Problemen Vereine und Verbände zu kämpfen haben. Was hat dies in Ihrer Einstellung bewegt bzw. verändert?

Zwangsläufig muss man sich - wenn man ein Amt ernst nimmt (und das tue ich immer) - intensiver mit der gesamten Thematik befassen. Das führte dazu, dass mir die von den Sportvereinen erbrachten Leistungen noch deutlich bewusster wurden als vorher. Dass solche Leistungen nur mit hohem Einsatz und Engagement von Übungsleitern, Vorsitzenden und Vorstandschaften sowie vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern im Hintergrund möglich sind, hat meine Hochachtung vor diesen Sportfreunden weiter gesteigert und zu einer sehr positiven Einstellung gegenüber den Vereinen und ihren verantwortungsbewussten Repräsentanten geführt.

Welche Unterstützung müsste die Politik dem Sport in Vereinen und Verbänden zugestehen?

Hier gäbe es viel zu sagen. Ich will das aber auf einige wenige Punkte beschränken. Der Freistaat muss seine finanziellen Leistungen für die Vereinspauschale und für die Investitionsförderung auf das notwendige Maß erhöhen. Die Kommunen müssen ebenfalls ihren wichtigen Beitrag leisten, da sie unmittelbar vor Ort betroffen sind und ihre Bürger von den Leistungen besonders profitieren.Neben den finanziellen Hilfen ist es aber auch sehr wichtig, die erbrachten Leistungen immer wieder öffentlich zu würdigen und anzuerkennen. Dass das hohe persönliche Engagement vieler Funktionäre nicht ausreichend finanziell abgegolten und entschädigt werden kann, akzeptieren die Vereine und Ehrenamtlichen nach meiner Erkenntnis, aber sie wünschen sich zumindest die angebrachte Anerkennung.

Zu Ihnen als Landrat kommen viele Vereinsvertreter und bitten um Unterstützung.

Was kann der Landrat tun?

Das kommt auf das jeweilige Anliegen an. Manchmal reichen schon Gespräche oder ich nutze meine persönlichen Kontakte und Verbindungen oder ich übernehme eine Schirmherrschaft. Ab und zu kann ich dann auch mal - allerdings natürlich leider nur sehr begrenzt - mit einer Spende helfen, wenn es um ein besonders wichtiges Anliegen geht.

Haben Sie schon irgendwelche Pläne zur Unterstützung des Vereinssports in der Region bzw. im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen?

Wie Sie ja erst gestern in unseren Tageszeitungen lesen konnten, will ich die Ehrenamtskarte im Landkreis einführen, um so das Engagement in den Sportvereinen, aber auch in anderen Bereichen, anzuerkennen. Der Landkreis selbst darf ja keine finanziellen Unterstützungen für den Vereinssport geben, da hierfür die Städte und Gemeinden zuständig sind. Aber es gibt dennoch immer Möglichkeiten, auf andere Art und Weise Unterstützung zu geben. Ich will auch unseren Landkreis im Sportbereich und bei Sport-Großveranstaltungen gemeinsam mit unserer Zukunftsinitiative altmühlfranken besser positionieren. Solche Sportveranstaltungen haben auch stets positive Auswirkungen auf die Sportarten und die Sportvereine.

Welche Botschaft möchten Sie den Mitgliedern des TSV 1860 Weißenburg gerne noch mitteilen?

Kurz und bündig: Sie sind in einem guten Sportverein! Bleiben Sie dort Mitglied und geben Sie Ihrem TSV 1860 Weißenburg die persönliche Unterstützung, die Sie ihm geben können. Dann meistert der Verein die Zukunft und kann sowohl die sportlichen Erfolge bringen wie auch die wichtigen gesellschaftlichen Leistungen verwirklichen.

Haben Sie auch eine Botschaft für die verantwortlichen Führungskräfte im Verein?

Sie machen einen wichtigen Job! Leider wird das von vielen nicht oder nicht so anerkannt, wie Sie das verdienen würden. Lassen Sie sich dadurch aber bitte nicht entmutigen, sondern erfreuen Sie sich an dem leider wenigen - weil leider viel zu seltenem - Lob und der doch Ihnen immer wieder entgegengebrachten Anerkennung. Stehen Sie zusammen, sprechen Sie offen Probleme an, aber vermeiden Sie unnütze persönliche Querelen.

Herr Landrat, vielen Dank für dieses Gespräch.

Claus Wagner