Historische Dinge beginnen nicht immer zwangsläufig mit 45 Minuten Autofahrt in den Nürnberger Westen. Für die Handballherren des TSV 1860 Weissenburg galt dies allerdings am Samstagnachmittag, als sie sich aufmachten, das erste Bezirksoberligaspiel der Vereinsgeschichte zu bestreiten. Es ging auswärts gegen den ESV Flügelrad, der seit vielen Jahren fester Bestandteil der höchsten Klasse Mittelfrankens ist.
So wirklich wusste man nicht, wo man steht im Vergleich zu den anderen Mannschaften der Klasse. Von daher hätte Trainerin Sigi Rudat die Punkteteilung, die nach 60 Minuten auf der Anzeige mit dem Ergebnis von 25:25 zu lesen war, sicher blind eingepackt. So ganz konnte man nach dem Spiel jedoch nicht zufrieden sein. Mit etwas mehr Konsequenz wäre nämlich auch ein Sieg im Premierenspiel möglich gewesen. Aufgrund des engen Spielverlaufes und des Rückstandes kurz vor Schluss hätte allerdings auch eine Niederlage verbucht werden können. Beschweren hätten man sich darüber auch nicht dürfen.
Mit zwölf Spielern (Hannes Kürpik weilte im Urlaub und Michael Butz gab den Cotrainer) ging es in die Partie bei den „Rädern“. Direkt mit dem ersten Angriff musste man das 0:1 schlucken. In den folgenden zehn Minuten merkten die Sechziger, dass in der neuen Liga doch ein etwas anderer Wind weht. Man konnte zwar mithalten, die letzten Prozente in Angriff und Abwehr fehlten jedoch noch und es stand bald 5:3 für die Hausherren. Langsam akklimatisierten sich die Römerstädter jedoch und dank guten Aktionen von Alex Symader im Tor und konsequenten Abschlüssen im Angriff ging man mit 7:10 in Führung. Basti Rudat mit guten Ideen (und Toren) sowie Daniel Wokon mit der gewohnten Wucht nahmen sich dabei der Sache dankenswerterweise an. Die Gastgeber waren doch etwas verwundert ob der Gegenwehr und brauchten die letzten Minuten des ersten Durchgangs, um sich wieder heranzukämpfen und zum 14:14 Halbzeitstand auszugleichen. Eine gute Defensivleistung sowie mehr Variabilität im Angriff, gepaart mit dem immer anspielbereiten Lukas Krach am Kreis, waren Weißenburgs Stärken in den ersten 30 Minuten.


Flügelrads Übungsleiter hatte in der Halbzeit wohl zufälligerweise die richtigen Worte gefunden, die Gastgeber legten zu Beginn des zweiten Durchgangs einen 4:0 Lauf vor. Doch auch die Weißenburger konnten sich wieder berappeln und stellten zur Halbzeitmitte auf 18:18 Unentschieden. Eine kämpferische und selbstbewusste Tugend, die noch nicht so lange in der Mannschaft vorhanden ist, jedoch bereits in der letzten Saison oft zu beobachten war. Statt wie früher aufzustecken, ging ein Ruck durchs Team und man blieb dran. Tobi Meierhuber hatte derweil den Platz zwischen den Pfosten eingenommen und brachte neue Sicherheit ins Spiel, vorne lief es ebenfalls wieder besser. 18:19 und 19:20 lauteten kurze Führungen, die jedoch durch kleinere Fehler niemals ausgebaut werden konnten. Mit 21:21 bog man in die letzten zehn Minuten und damit auf die Zielgerade ein. Angeführt von Jakob Winkler wurde aus der erneuten Führung für die Gastgeber ein 22:24-Vorsprung für Weißenburg. Drei Minuten waren da noch zu bestreiten und ein Punktgewinn schon ziemlich wahrscheinlich. Dennoch mussten die etwa 15 mitgereisten Fans, die hauptsächlich von Familie B. gestellt wurden, nochmals gewaltig zittern. Zwei oder drei fahrlässige und völlig unnötige Fehler im Angriff wendeten nämlich das Blatt und Flügelrad lag etwas glücklich bei 59:39 Minuten Spielzeit auf einmal mit 25:24 in Front. Sie hatten zuvor eine Auszeit genommen und den siebten Feldspieler gebracht, was eine Überzahl auf Links Außen entstehen ließ, die eiskalt genutzt wurde. Sigi Rudat zog ihrerseits nun die letzte Auszeit, um die restlichen knapp 15 Sekunden sinnvoll zu nutzen und einen abschließenden Angriff, ebenfalls mit sieben Feldspielern, vorzubereiten. Der Ball ging zunächst etwas unkontrolliert nach Links Außen, dann über die Station Basti Rudat nach Rechts, wo Johannes Brechtelsbauer zum umjubelten Ausgleich und damit ersten Punktgewinn in der Bezirksoberliga einnetzte. Ein Spiel, das sowohl gewonnen – mit mehr Konsequenz und Konzentration –, als auch gut hätte verloren gehen können. Am Ende waren die Hausherren sichtlich unzufriedener mit dem Punkt als die Sechziger, die die Tatsache, nicht unter die Räder gekommen zu sein, freudig feierten.
Nach einer kurzen Feier mit Apfelsaft und Butterkeksen geht es am kommenden Sonntag schon weiter in der Bezirksoberliga. Hier wartet im ersten Heimspiel der ewige Rivale, der TV Gunzenhausen auf die Sechziger. Es wird ein volles Haus erwartet, wenn´s um 18:00 Uhr in der Landkreishalle heißt: Kreisderby WUG vs. GUN in Mittelfrankens höchster Klasse.

Spielverlauf: 2:0, 2:2, 5:3, 6:6, 7:10, 9:12, 14:14 Halbzeit – 18:14, 18:18, 20:20, 22:24, 25:24, 25:25 Ende

Strafwürfe: ESV Flügelrad 2/1; TSV 1860 Weißenburg -

Zeitstrafen: ESV Flügelrad 4 Minuten; TSV 1860 Weißenburg 6 Minuten

Für den TSV 1860 Weißenburg spielten: Tobias Meierhuber, Alexander Symader (beide Tor); Sebastian Rudat (3 Tore), Johannes Baur 1, Lucas Schmidt 1, Markus Hellmich 2, Benedikt Sommerer 1, Tim Lukas, Daniel Wokon 5, Johannes Brechtelsbauer 5, Jakob Winkler 3 und Lukas Krach 4.