Wer einen bewegten und graumelierten Himmel als angenehm empfindet, mit ordentlich verwirbeltem bunten Laub, bei kühlen und nassen Temperaturen gern in ein Kaminfeuer blickt, Kerzen anzündet, Tee mit Honig trinkt und Kastanienmännchen bastelt, für den ist der Herbst eine liebenswerte Jahreszeit. Uns gefällt der Herbst und es darf ruhig ein wenig naß, stürmisch und kalt sein. So dachten wir uns das, als wir mit 13 Damen und Herren aus Gunzenhausen, Ellingen und Weißenburg, am Sonntag, 07.10.12 in Thannhausen zum fälligen Wandertag des Turngaues antraten. Vom grauen Himmel fiel leichter Nieselregen. Doch der Niederschlag verstärkte sich zusehens nach den ersten Wanderminuten. Auf der baumlosen Hochfläche, südlich von Thannhausen erwischte es uns dann allerdings gnadenlos. Der Sturmregen drohte das tapfere Wandergrüpplein auseinanderzupeitschen. Der Himmel hatte seine Schleusen voll geöffnet und dies war dann für uns nicht mehr besonders lustig.

Den drohenden Abbruch der Wanderung verhinderte der dann doch schnell erreichte Waldrand. Ein vorzeitiger Frühschoppen wäre bei diesem Ungemach gewiss nicht die schlechteste Option gewesen. Aber das Glück stand den Tüchtigen zur Seite, so ließ eine deutliche Wetterberuhigung nicht lange auf sich warten und so verfolgten wir weiterhin die Spuren des Rätischen Limes der Römer, bis sich der freie Blick hinüber nach Pfofeld auftat. Die Rückrunde verlief ohne weitere Zwischenfälle, so trafen wir zwar durchnäßt aber planmäßig zur Mittagsrast im Gasthof „Thannhäuser" ein.

Behaglich umrundeten wir die Plätze um den voll in Aktion gesetzten Kaminofen, der uns die Herzen erwärmte und uns die Kleidung trocknete. Andere Gäste konnten mit unserer guten Laune beim besten Willen nichts anfangen. Während der Mahlzeit erregte ein an der Wand installiertes Polyphon unsere besondere Aufmerksamkeit. Dabei handelte es sich um eine klangmechanische Spieluhr aus dem 19. Jahrhundert, Baujahr ~ 1860. Sie wurde vom Großvater des „Thannhäuser"-Wirtes im Jahr 1926 für 250.- RM erworben und lagerte danach Jahrzehnte auf dem Dachboden des Hauses, ehe sie vor ein paar Jahren vom Wirt liebevoll renoviert und in Gang gesetzt werden konnte. Von dieser Art und Bauweise gibt es in Deutschland nur noch 8 Exemplare, so ist dieses Gerät, dessen „Schallplatten" wie gestanzte Sägeblätter einer Kreissäge aussehen, eine echte Rarität. Wir durften nach dem Essen erfreut ein paar Klangproben hören.

Der Brunnen im Gasthaus „Thannhäuser", der heute noch durch Glasstufen hindurch zu besichtigen ist, muß auch noch dringend erwähnt werden. Hier holten aus 16 m Tiefe die Altvorderen der Wirtsfamilie, so um 1900 herum, das Brauwasser aus dem Brunnenschacht hervor, um in der Hausbrauerei Bier brauen zu können. Lange noch später wurde hier Wasser gefördert, auch während verschiedener Dürreperioden im letzten Jahrhundert, versiegte der Brunnen nie. So konnte die Wirtsfamilie in Notzeiten das ganze Dorf Thannhausen mit Trinkwasser versorgen.

Thannhausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Pfofeld und beherbergt etwa 200 Einwohner. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahre 1075. Die Blütezeit der ritterlichen Sänger war von 1100-1250. In dieser Zeit lebte auch Ritter Tannhäuser als Minnesänger und Berufsdichter, dessen anhaltende Popularität in der Geschichte, in der Sage, sowie in der Oper von Richard Wagner weiterlebt. Wir dürfen annehmen, daß unser Ritter auf der Burg am Weißen Berg, westlich von Regelsberg, über den südlichen Höhen des jetzigen Brombachsees, hier seine Jugendjahre verbrachte. Daher darf die Ortschaft seit 1955, das Wappen des Minnesängers nach der Darstellung in der Manessischen Handschrift als Siegel führen.

Nach der Mittagspause hatte sich das Wetter vollends zum Guten gewendet.

Auf dem Nachmittagsprogramm stand nun der Besuch der Thannhäuser Eiche an. Sie ist eines der schönsten und eindruckvollsten Naturdenkmale im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Mit ihrem Pflanzalter bewegen wir uns in einer Zeit, bevor im Jahre 1517 Martin Luther seine 95 Thesen in Wittenberg an die dortige Kirchentüre nagelte. Einen solch vitalen, ~ 500 Jahre alten Baum zu betrachten, ist schon etwas ganz besonderes. Diese Eiche trägt bis ans Ende ihrer baumdicken Seitenäste immer noch Laub bis in den Feinastbereich hinein. Der Stammumfang beträgt in einem Meter Bodenhöhe glatte 6,50 m, das ergibt einen äußerst beachtlichen Stammdurchmesser von 2,07 m.

Nach Kaffee, Kuchen und regem Gedankenaustausch ging dieser zwar anfänglich nasse, aber dennoch besonders schöne Wandertag zu Ende.

Wir freuen uns bereits heute auf die Winterwanderung, die uns am Sonntag, 13. Januar 2013 in das Wettelsheimer Rohrachtal „zu den Spuren des Bibers" führen wird.

Bis dahin immer  GUT HEIL!                                                                                                                  Euer Walter Winkelmeier