Gesellschaft für körperliche Übungen: „So ist denn auch in unserem Städtchen ein Verein zur Pflege der vaterländischen Sache entstanden, dem ein frisch, fromm, fröhlich, freier Geist und ein ersprießliches Gedeihen bringen möge, dass unter seinem Schutz die Jugend zu alter Kraft und Treue erstehe.“ Dies ist ein Auszug aus dem Vorworts des Gründungsprotokolls, das den Gründungstag der „Gesellschaft für körperliche Übungen“ auf den 9. Juni 1860 festlegt. An diesem Tag wurde die Satzung gestaltet und die Vorstandschaft gewählt mit: Rudolf Breutel, Vorsitzender (Sprecher), Friedrich Tröltsch, Vorstand (Turnwart), Wilhelm Rehnitz, Schatzmeister und Albert Klein, Schriftwart. In der ersten gedruckten Satzung, die 1861 erschien, war der Name bereits geändert und der Vereinszweck in §1 festgelegt: “Der Turnverein erstrebt eine möglichst allseitige Ausbildung des Körpers und sittliche Förderung seiner Mitglieder mittelst Übung im Gesange.“ Es wurde also nicht nur das Turnen gepflegt, sondern auch dem Wandern, dem Singen und der Geselligkeit kam große Bedeutung zu.

„Zum Eintritt in die Gesellschaft ist jeder unbescholtene Mann, der das 17. Lebensjahr zurückgelegt hat, geeignet; nötige Ausnahmen werden der Entscheidung des Turnrates überlassen.“ Die Satzung macht hier deutlich, dass die Aufnahme in den Verein gar nicht so einfach war – und für Personen weiblichen Geschlechts nicht möglich. Bereits im zweiten Halbjahr 1860 veranstaltete der Verein mehrere Turnfahrten in die Umgebung und ein eigenes Turnfest; an auswärtigen Turnfesten nahm man teil.

Der Turnzwang

1861 zählte der Verein bereits 65 Mitglieder und 140 Zöglinge. Um eine straffe Organisation zu ermöglichen, wurde eine Turnordnung aufgestellt und der Turnzwang eingeführt. Er galt bis zum 25. Lebensjahr. Jede Woche wurde zweimal geturnt; dabei wurde die Reihenfolge der Geräte und Übungen so geregelt, dass „an jedem Turntag der ganze Körper in zweckmäßiger Folge gestählt werde“. Unentschuldigtes Fehlen führte beim ersten und zweiten Mal jeweils zu einer Rüge, beim dritten Mal zum Ausschluss aus dem Verein. Kontrolleure überwachten den Turnstundenbesuch und selbst „ein ärztliches Zeugnis entbindet nicht vom Besuch der Turnstunden, sofern das betreffende Mitglied bei öffentlichen Gelegenheiten tanzt. Erste Übungsstätte des Vereins war der „Tummelplatz“ in der Niederhofener Str. Im Winter stand zunächst eine Scheune und dann der „Steinkasten“ in der Bachgasse zur Verfügung. 1878 wurde dann die städtische Turnhalle vollendet und mit einem Gauturntag eingeweiht. Man plante eine vereinseigene Turnhalle und hatte einen eigenen Fond angelegt. Als der Bau nicht klappte, erwarb man 1899 einen geräumigen „Spielplatz“ an der Jahnstraße in günstiger Lage.

Der Verein verändert sich

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Verein bereits erheblich verändert. Bereits 1862 hatte man eine Fechtabteilung gegründet. Neben dem Geräteturnen gewann das „volkstümliche Turnen“ an Bedeutung, aus dem sich die Leichtathletik entwickelte. 1899 wurde das Frauenturnen offiziell ins Programm aufgenommen; der Druck war immer stärker geworden. Viele Turnfeste und Veranstaltungen fanden statt, und immer stand das turnerische Element im Mittelpunkt; das war harte Arbeit. Berühmt wurden die Turnerpyramiden und viele andere turnerische Formationen – sportliche Delikatessen. Auch gesellschaftlich spielte der Verein die erste Rolle in Weißenburg. Aus der maskierten „Turnerkneipe“ von 1861 entwickelte sich der Mummenschanz, der bald zum Höhepunkt des Weißenburger Faschings wurde – über Jahrzehnte hinweg. Das 25-jährige und 50-jährige Vereinsjubiläum wurden jeweils turnerischen Jubelfesten begangen. Als der 1. Weltkrieg ausbrach stand der TV 1860 auf festen Füßen, doch insgesamt 155 seiner Vereinsmitglieder mussten zum Kriegsdienst einrücken; 29 von ihnen kehrten nicht zurück.

Ring- und Stemmclub Attila

Im November 1902 wurde in der „Weißen Taube“ der „Stemm- und Ringclub Attila“ von 15 jungen Männern ins Leben gerufen, um der Schwerathletik eine Grundlage zu schaffen. Friedrich Mederer als Vorsitzender, Karl Mirlein als Kassier und Fritz Schmidt als Schriftführer bildeten die Vereinsleitung. Ziel des Vereins war es, die Volkskraft zu heben, Moral und Charakter zu festigen, damit die physische Kraft nicht zu Ende geht. Vor allem das Ringen fand in Weißenburg großen Anklang bei der Jugend. 1910 wurde der Verein umbenannt in „Athletik Sportclub Attila“ Unter Vorsitz von Friedrich Denk kam es 1913 zur Verschmelzung mit dem Arbeiterbildungsverein und ab 26. April hieß der Verein „Sportverein Eintracht“ mit dem „Schwarzen Bär“ als Vereinslokal. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs machte dem blühenden Vereinsleben ein Ende; der Verein musste viele „Blutopfer“ bringen und die Vereinstätigkeit wurde zeitweise eingestellt.

In der Weimarer Zeit

Nach dem Krieg lebte die Eintracht wieder auf und im März 1919 schlossen sich der Arbeiterturnverein Jahn und der Arbeitergesangverein Vorwärts der Eintracht an und im August 1919 bat eine Gruppe Fußballspieler um Aufnahme. Damit hatte der Verein neue Aufgaben, doch bald machten sich zwei Strömungen bemerkbar, was schon mit der Zugehörigkeit zu verschiedenen Dachorganisationen zusammenhing. Die Mitgliederschaft entschied sich 1921 gegen den Anschluss an den Deutschen Arbeiter Turn- und Sportbund, was zur Spaltung führte. Als neuer Verein wurde die „Freie Tun- und Sportvereinigung Weißenburg“ gegründet, die mit den Abteilungen Turnen, Akrobatik, Schwerathletik, Fußball und Gesang beachtenswerte Erfolge feierte und bis zur Gleichschaltung 1933 Bestand hatte. Die Zersplitterung der „Eintracht“ führte – auch als Folge der Inflation – dazu , dass der Fußballsport etwas zum Erliegen kam. So gründeten 1926 sportbegeisterte Fußballanhänger den 1. FC Weißenburg. Als dann auch die Eintracht wieder Fußball spielte waren die ersten Lokalderbys Höhepunkte im Weißenburger Sportleben. Aber auch sonst gab es schöne Erfolge für den Verein bis hin zu bayerischen Meistertiteln.

Nach 1933 gab es viele Einschränkungen für den Vereinssport; junge Menschen wurden in staatliche Organisationen gerufen und dem Vereinsleben entfremdet. Viele Sportler verbluteten auf den Schlachtfeldern Europas. Das Ende der Turn- und Sportbewegung schien 1945 gekommen zu sein, denn die Besatzungsmacht hatte Versammlungen ohne ihre Genehmigung verboten.

Auch der Turnverein von 1860 musste nach dem 1. Weltkrieg neu aufgebaut werden. Der Turnzwang wurde weiterhin straff durchgeführt, die Arten der körperlichen Erziehung wurden erweitert. Zum Geräteturnen, dem volkstümlichen Turnen und dem Fechten kamen Faustball, Fußball und Handball hinzu und auch Schwimmen fand Eingang in den Verein. Bald war der Turnverein, unterstützt von der Stadt Weißenburg, wieder führend bei der Ausgestaltung von Werbeabenden, bei glanzvollen Turnvorführungen und bei der Aufführung von Festspielen. Die Erfolge mehrerer Frauenriegen, ein riesiger Aufschwung des Kinderturnens und der Bayerische Meistertitel im Faustball 1931 waren Merkmale in der Zeit des Wiederaufbaus.

Dann aber zeigten sich auch hier die Zeichen der Zeit. Die 75-Jahr-Feier fand 1935 noch statt, dann aber wurde es still um den Verein. Niederschriften über Vereinsversammlungen oder Turnratsitzungen gibt es nicht aus dieser Zeit. Allerdings wurde der Turnbetrieb der Altherrenriege (Turner von 16-70) ebenso wie das Frauenturnen auch in den ersten Kriegsjahren weiter gepflegt. Erst als die inzwischen viel zu kleine Turnhalle für Lagerungszwecke von kriegswichtigem Material benötigt wurde, waren dem Verein die Trainingsmöglichkeiten genommen.

Gemeinsame Anfänge nach dem Krieg

Nach dem Zusammenbruch ging es mit dem Sport in Weißenburg bald wieder weiter. Im Oktober 1945 wurde im Wildbadsaal die Gründungsversammlung des Turn- und Sportvereins Weißenburg vorgenommen und am 21.11.45 kam die Genehmigung der Militärregierung, dass der Verein seine Tätigkeit aufnehmen könne. Der TV 1860 Weißenburg wurde von den Besatzungsmächten zunächst verboten, erhielt aber am 20.07.1947 wieder eine „Lizenz“ vom Landratsamt: „Der TV 1860 Weißenburg erhält die Genehmigung, sich als Sportverein auf örtlicher Basis zu betätigen. Gleichzeitig ist der Turnverein berechtigt, in Weißenburg/Bay die erforderlichen sportlichen Veranstaltungen, Zusammenkünfte, Versammlungen abzuhalten.“ Die Verantwortlichen beider Vereine setzten sich zusammen, denn sie hatten aus der schweren Zeit gelernt. Man wollte einen Verein gründen, dem alle Sportler Weißenburgs angehören. Am 4.1.49 wurde in der Mitgliederversammlung des Turnvereins ein Zusammenschluss mit dem Turn- und Sportverein Eintracht beschlossen. Nach nur einem Jahr erfolgte am 30. Januar 1950 die Trennung und es gab erneut zwei Sportvereine in Weißenburg. Als der Turnverein 1860 sein 90-jähriges Jubiläum am 23.09.50 feierte, hatte er knapp 750 Mitglieder. Sportliche Schwerpunkte waren Turnen und Handball, Faustball und Leichtathletik; bald kam noch Tischtennis hinzu. 1952 feierte der TSV Weißenburg sein 50-jähriges Jubiläum. Schwerpunktsportarten waren Fußball, Ringen und Gewichtheben, bald kam der Kunstkraftsport hinzu; auch Faustball, Leichtathletik und Turnen wurde den Mitgliedern angeboten.

Der Turnverein siedelt um

Schon 1950 wurden seitens der Stadt Weißenburg Gespräche mit dem Turnverein geführt, den Turnplatz an der Jahnstraße gegen ein neues, geeignetes Gelände zu vertauschen. 1954 wurden diese Gespräche erfolgreich abgeschlossen. Der Turnverein trat sein Platz für die zukünftige Industrieansiedlung ab und bekam dafür das Gelände hinter der Ziegelei Lang.

Dort wurden ein Sportplatz, der im Herbst 1958 übergeben und im Juni 1959 mit einer Festveranstaltung eingeweiht wurde und ein Turnerheim, in dem erstmals 1959 die Jahreshauptversammlung stattfand, gebaut. 1960 feierte der Verein unter der Schirmherrschaft von Bundespostminister Richard Stücklen sein 100-jähriges Jubiläum. Bei der Einladung zum Festabend war noch beschrieben, in welcher Kleidung man die Besucher erwartet. Für den Mummenschanz im Jubiläumsjahr hatte man sich etwas Besonderes ausgedacht, bestellte einen Elferrat und kürte ein Prinzenpaar. Ulla I und Karl-Heinz I waren die Attraktion des Weißenburger Faschings.

Zwei Jahr später spürte der Verein erstmals, dass es gar nicht so leicht ist, verantwortliche Mitarbeiter zu finden. Nach dem Tod des 1. Vorsitzenden Carl Lange musste das Amtsgericht Herrn Wolfgang Wohlleben als Vorstand einsetzen, der dann auch gewählt wurde und insgesamt 10 Jahre den Verein führte. In dieser Zeit plant man wegen des riesigen Bedarfs den Bau einer vereinseigenen Turnhalle, gibt die Pläne jedoch auf, als die Stadt ihre Absicht bekannt gibt, eine Großturnhalle zu bauen. In dieser Zeit legt der letzte Oberturnwart sein Amt nieder und der Turnverein installiert einen Technischen Leiter; die Umwandlung vom bisherigen Turnverein zum Sportverein moderner Prägung hat begonnen. Im Turnerheim wird die Pächterwohnung erweitert und neben dem Turnerheim wird ein Hartplatz gebaut. Es erscheint zunächst ein unregelmäßiges Mitteilungsblatt für die Mitglieder, ehe 1972 nach harten Geburtswehen die Vereinszeitung aus der Taufe gehoben wird. Erstmals wird über eine Übungsleiterbezuschussung gesprochen und mit der Stadt wird ein Vertrag über die Platzbenutzung durch die Schulen ausgehandelt. An zahlreichen Veranstaltungen der Stadt nimmt der Verein teil, obwohl „es immer schwieriger wird, Mitglieder zu mobilisieren und Helfer zu finden“ – trotz ständig steigender Mitgliederzahl. Jeder möchte nur seinen Sport betrieben.

Der Turn- und Sportverein siedelt sich an

Im TSV Weißenburg geht es ebenfalls stetig aufwärts. Unter der Leitung von Wilhelm Denk wurden wichtige Veranstaltungen durchgeführt und großartige Erfolge errungen. Bei der Jubiläumsfeier zum 50. Geburtstag lag der Schwerpunkt des Vereins auf Schwerathletik und Fußball, aber auch Faustball, Fußball, Leichtathletik und Kunstkraftsport wurden betrieben. 1959 feierten die Damen aus der Abteilung Kunstkraftsport zwei deutsche Meistertitel. Die erfolgreichen Damen waren in der Fernsehshow von Peter Frankenfeld zu Gast. 1961 wurde beschlossen, ein Sportheim an der Jahnstraße zu bauen, das 1963 eingeweiht werden konnte. 1970 wurde Wilhelm Müller als Nachfolger von Wilhelm Denk 1. Vorsitzender des TSV Weißenburg. Als Festakt zum 75-jährigen Jubiläum 1977 wurde ein Bunter Abend in der Großturnhalle mit anschließendem Empfang im Sportheim ausgerichtet. Der städtische Sportplatz an der Jahnstraße wurde von OB Schwirzer an den TSV Weißenburg übertragen. Dies reichte aber bald nicht mehr, um dem umfangreichen Spielbetrieb gerecht zu werden. So wurde 1987 der erste Sportplatz an der Rezataue gebaut. 1989 trat Wilhelm Müller als 1. Vorsitzender zurück, sein Nachfolger wurde Günter Kreißl, der sich den vereinsinternen Auseinandersetzungen nach knapp zwei Jahren entzog und so eine kleine Führungskrise auslöste. Erstmals übernahm ein Triumvirat die Führung des Vereins im Jahre 1991. Das sollte bis 1998 so bleiben, obwohl es durchaus auch gegenteilige Meinungen gab.

Eine neue Ära

Als Willi Struller 1972 der 1. Vorsitzende des Turnvereins 1860 wurde, zählte man knapp 1400 Mitglieder. Die Pächterwohnung im Turnerheim und die Gaststätte selbst werden gründlich renoviert, der Bau einer Kegelbahn wird beschlossen und 1974 vollendet. Sommernachtsbälle unter freiem Himmel werden zur Tradition und das TV-Ballett wird zu einem Markenzeichen des Vereins. Ein Jugendraum zwischen Gaststätte und Kegelbahn wird geschaffen und ein Gerätehaus mit Kassenraum wird gebaut, ein Kinderspielplatz kommt hinzu. Regelmäßige Bunte Abende finden viel Anklang; einer wird 1979 sogar gemeinsam mit dem TSV und dem FC/DJK durchgeführt.

Auch sportlich erweitern sich die Angebote. Der Kegelbahnbau hat zur Gründung einer Kegelabteilung geführt. Nach den Olympischen Spielen in München wurde eine Volleyballabteilung gegründet. Auf dem Hartplatz wird Tennis gespielt; auch Stockschützen mieten sich hier ein. In Zusammenarbeit mit der Hauptschule wird eine Rodelabteilung gegründet und im neuen Hallenbad tummelt sich die Schwimmabteilung. Der Bedarf an Sportstätten erhöht sich ständig.

Willi Struller wird 1980 von Karl-Heinz Schiebsdat abgelöst. Bei allen Aktivitäten der Stadt engagierte sich auch der Turnverein. Erstmals wurden die Senioren zu einem Senioren-nachmittag eingeladen; das Sechzger Cafe existiert noch immer. Die vor einigen Jahren erfolgte Gründung der LG Altmühl/Jura hatte dafür gesorgt, dass die Leichtathletik, die in Weißenburg so große Tradition hat, völlig an Bedeutung verlor.

Vom Turnverein zum Sportverein moderner Prägung

1984 übernahm nochmals Willi Struller die Vereinsführung für acht Jahre; das 125-jährige Jubiläum wurde in großem Stil mit einer Sportwoche der Abteilungen sowie einem Festabend und einem Tanzabend des Gesamtvereins gefeiert, fand aber leider bei den Mitgliedern und in der Öffentlichkeit nicht die erhoffte Resonanz. Es wurde immer deutlicher dass aus der Lebensgemeinschaft Sportverein, in der man auch miteinander arbeitete und feierte, ein Servicebetrieb wurde, an den man allem den Anspruch stellte, möglichst kostengünstig und optimal seinen Sport und damit sein Hobby betreiben zu können; für viele Sportarten sind halt (wohl oder übel) Partner oder Mannschaftskameraden notwendig.

Neue Sportarten drängten in den TSV 1860 und baten um Aufnahme. Die Stockschützen, früher ein selbständiger Verein, schlossen sich dem TV 1860 an. In der Schule wurde Badminton zu einer bevorzugten Sportart, was prompt zu Hallenstunden und einer eigenen Abteilung führte, die noch heute existiert aber nicht am offiziellen Wettkampfbetrieb des Verbands teilnimmt. Die Basketballer, die beim CVJM begonnen hatten, schließen sich dem Turnverein an und brauchen natürlich auch Hallenstunden. Der Turnverein bekommt eine Baseballabteilung und die Kleingärtner am Lehenwiesenweg finden plötzlich jede Menge Bälle. Auch eine Taekwondoabteilung entsteht und macht bald mit großen Reisen von sich reden. Der Turnverein macht die zunächst einmalige Wahl eines Sportlers des Jahres und einer Mannschaft des Jahres zur Tradition.

Völliger Einschnitt: Die Verschmelzung

1998 erfolgt dann ein weiterer großer Einschnitt in die Weißenburger Sportgeschichte. Nach rund zweijähriger, extrem kontroverser Diskussion und nach manchen Rückschlägen verschmelzen die beiden größten Weißenburger Sportvereine zum TSV 1860 Weißenburg. In einer Zeit, in der es finanziell nicht besonders gut geht und in der die Probleme, Mitarbeiter zu finden, immer größer werden, sieht man in einer Vereinigung den Ausweg. Bündelung der Kräfte, leichtere Gewinnung von Mitarbeitern, Ausweitung des Angebotes für die Jugend, stärkere Verhandlungsposition, wichtiger Partner für die Wirtschaft, größere Erfolgsaussichten im Sport – das alles sind heere Ziele, mit denen der Weg beginnt. Nur drei Sportarten laufen vorher parallel. Die Tischtennisspieler kommen am schnellsten zusammen und vereinigen sich schon vor dem offiziellen Zusammenschluss. Auch die Fußballer einigen sich bald, wenn auch der Turnverein zunächst darunter leiden muss. Beim Turnen sind die Probleme am größten, doch sie sind am wenigsten spürbar, weil hier nur Trainingsbetrieb stattfindet. Hier halten sie sich auch am längsten – teilweise bis heute. Die anderen Abteilungen haben wenig Berührungen und deswegen auch wenig Probleme, außer wenn es um Hallenstunden geht. Da aber ändert sich zunächst nichts.

Probleme eines Großvereins

Ein Großverein mit 20 Abteilungen und fast 2500 Mitgliedern ist entstanden. Bei der Bereinigung der Doppelmitgliedschaften und der Registrierung einiger weniger „Fusionsaustritte“ findet sich die echte Mitgliederzahl bei etwa 2300 ein. Bald werden die Liegenschaften zum großen Problem. Der Verein hat zwei Sportheime; eines nur noch für wenige Jahre als Erbpacht, das andere als dringend renovierungsbedürftiges Eigentum. Bei beiden Sportheimen befinden sich jeweils ein Grasspielfeld und ein Hartplatz, die dringend benötigt werden. Bald stellt sich heraus, dass beide Sportheime ein riesiger Zuschussbetrieb sind, da auch die Pächterfrage in beiden Fällen nicht mehr befriedigend gelöst werden kann. Die Mitgliederversammlungen raten dringend zu Maßnahmen, zumal der Traum vom Sportpark Rezataue in den Köpfen geistert. Dort soll die neue Heimat des TSV 1860 Weißenburg entstehen, auch wenn es bei den Gesprächen mit der Stadt Weißenburg, die hier zunächst andere Pläne hatte, einige Rückschläge gibt. Zwei Plätze sind vorhanden, doch es gibt Möglichkeiten zur Erweiterung, wenn die Mittel vorhanden sind. Allein in den Vorgesprächen zu diesem Gelände tauchen neue Probleme auf. Dem Trend und dem Bedarf entsprechend entstehen hier zunächst einige beach-Volleyball-Felder, ein Hartplatz für die Asphaltstockschützen und ein Kleinfeld für Faustball und Fußball-Schüler. Die Träume aber gehen viel weiter. Für Baseball bräuchte man ein riesiges Gelände, das schon planerisch nicht möglich erscheint. Die Abteilung verlässt deshalb den Verein in Richtung Unterwurmbach. Auch andere Abteilungen fühlen sich benachteiligt und kämpfen für die Idee einer eigenen Turnhalle, was dem Verein das Attribut „größenwahnsinnig“ bescherte. Als die Fußballer von einem Kunstrasenplatz träumen, wird dies in die gleiche Kategorie zugeordnet. Zumindest aber ist allen klar, dass sanitäre Anlagen für Sporttreibende unbedingt geschaffen werden müssen, die hier benutzten Zwischenlösungen sind auf Dauer unzumutbar. Von den ersten Plänen bis zur Fertigstellung gibt es immer wieder neue und zusätzliche Bedürfnisse und Ansprüche; aus dem Sanitätstrakt mit Besprechungsmöglichkeit wird ein Sportheim, das im Herbst 2009 nach zweieinhalbjähriger Bauzeit eingeweiht wird.

Wir sind froh, dass wir es haben, auch wenn es deutlich teurer wurde als geplant, uns so manches Problem bereitet und unsere finanzielle Mobilität auf längere Zeit hinaus einschränkt, wenn nicht die Vermarktung des Geländes am Lehenwiesenweg unseren Sorgen ein vorzeitiges Ende bereit. Diese Sorgen in dem breiten Spektrum unterschiedlicher Interessen sind sicher ein Hauptgrund dafür, dass es in den letzten Jahren nicht ganz einfach war, diesen Verein zu führen, zumal gesundheitliche Probleme mehrerer Verantwortlicher den ehrenamtlichen Zeitaufwand beeinträchtigt haben. Sie haben das alles ja hautnah mitbekommen. Wir haben uns aber nochmals zur Verfügung gestellt, weil wir guter Dinge sind, auch diese Probleme zu meistern.

Großartige Erfolge und rasante Entwicklung

Man darf bei allen Sorgenfalten nicht übersehen, dass der fusionierte TSV 1860 Weißenburg großartige Erfolge erzielt hat, von denen die Olympiateilnahme von Antonia Katheder bei den ersten Olympischen Spielen der Jugend in Singapur nur die Spitze darstellt; die Taekwondo-Abteilung hat auch sonst großartige Ergebnisse auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene erzielt. Auch die Sportakrobaten können mit vielen Titel glänzen ebenso wie die Ringer, die auf Bayerischer Ebene sehr erfolgreich sind. Immer besser setzen sich die Leichtathleten in Szene und werden zu einem weiteren Aushängeschild. Die Fußballjugend mit ihren Aufstiegen in die Bayernliga bzw. in mehrere Bezirksoberligen zeigen ebenfalls sehr deutlich, wie hier gearbeitet wird und auch bei den Herren ist die Bezirksliga ohne großen finanziellen Aufwand und mit vielen Jugendlichen aus dem eigenen Lager ein schöner Erfolg.

Prellball-Bundesliga, Faustball-Landesliga – auch das sind großartige Ergebnisse. Abteilungen wie Basketball, Handball, Volleyball und Tischtennis haben sich gegen große Konkurrenz zu wehren und dürfen auf so manches Ergebnis stolz sein. In Abteilungen, in denen der Wettkampf nicht so sehr im Vordergrund steht, wird solide Arbeit geleistet.

Großartig zahlt sich der Einsatz von Gymnasiasten aus, die nach dem Abitur statt Wehrdienst oder Zivildienst ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) im Verein ableisten. Deren enge Zusammenarbeit mit Schulen und jetzt auch Kindergärten ist die einzige Chance, dem Mitgliederrückgang in schwieriger Zeit etwas entgegenzusetzen. Dies ist in letzter Zeit immer besser gelungen, so dass wir auf die Zukunft hoffen dürfen.

Claus Wagner