Unser Anspruchsprofil an die jährliche Bergtour ist, dass es neben den üblichen markierten Wanderwegen und Steigen auch eine Bahn geben soll. Diese Voraussetzung traf nun jüngst für uns zu. In Brannenburg, über München und Rosenheim mit dem Bayern-Ticket angekommen, herrschte Dauerregen. Nachdem dort die altehrwürdige Zahnradbahn beheimatet ist, fiel es uns nicht schwer uns gegen das Laufen und pro Fahren zu entscheiden. Wer stapft schon bei anhaltedem Schlechtwetter triefend nass und schwer bepackt mit Vergnügen stundenlang bergauf? Planmäßig verkehrt die Bahn täglich bis zum Wendelstein. Soweit wollten wir nicht einsitzen, denn auf halber Strecke lag schon unser Quartier, in das wir also knochentrocken einziehen konnten. Welch ein wunderbares Gefühl! Die Mitteralm auf 1199 m, in den Bay. Voralpen, hatten wir uns für 3 Tage auserkoren, weil sie als idealer Stützpunkt für viele Wanderungen und Besteigungen gilt. Wir lernten die Wirtsleute Petra und Toni Tatzel (von der Sektion Bergbund Rosenheim) kennen, die es verstehen, dem-Gast den Aufenthalt so angenehm wie nur möglich zu gestalten, wozu nicht nur die Möglichkeit in gepflegten Betten zu schlafen gehört, wie sie auch mit besonderen Schmankerln aus der Küche zu begeistern vermögen.


Am nächsten Tag bot sich uns ein wunderbares Wetter mit klarem Himmel, auf dem sanfte Wolken träumten. Unser Vorhaben, den "Wendelstein, auf 1838 m, heute oder nie zu "packen", konnte in die Tat umgesetzt werden. Der Aufstieg gestaltete sich nicht schwierig, er war halt schweißtreibend, zumal steile Hänge überwunden werden mussten. In etwas mehr als 3 Stunden waren wir oben. Die grandiose Aussicht auf die umliegenden Gipfel und Bergzacken und das reichhaltige Speisen- und Getränkeangebot der modernen Gaststätte entschädigten uns für die Mühe. Mit viel Zeit konnten wir die Mittagsrast genussvoll erleben.
Da wir nun schon einmal oben waren, ließen wir uns den Besuch der dortigen Eishöhle nicht entgehen. Ebenso wenig versäumten wir das Berg-Kircherl zu betreten, die höchstgelegene Kirche Deutschlands. In ihr werden sogar Ehen geschlossen, man ist dabei gleichsam dem Himmel sehr nahe. Himmlisch schön soll es ja sein, wenn geheiratet wird.
Auf dem Rückweg kehrten wir zum Rasten und Durstlöschen auf der Alm "Elisabeth" ein. Es war interessant und amüsant zugleich der Frau zuzuhören, wenn sie von ihrem Werdegang als Sennerin erzählte und dabei deutlich machte wie wohl sie sich in diesem Beruf fühlt und wie lieb sie ihre "Mädels" (womit die Kühe und Kälber gemeint sind) sowie die Ziegen und Lämmer, die ebenfalls zur Herde gehören, hat. Wir berichteten von unserem Dasein und die muntere Plauderei wurde mit manch einer Anekdote und natürlich etlichen Witzen garniert- (Stichwort: Hebamme-Presssack)
Wieder in unserem Quartier, ließen wir uns das vorzügliche Abendbrot gut schmecken, bevor es an der Zeit war, die geliebten Karten mit den bunten Bildchen auf den Tisch zu legen. Von nun an ging es um das Schafkopfen, die bayerische Art des Schachspiels. Diese Abende mit dem besonderen Charme der Berghütte, dem Alltag entrückt, inmitten einer herrlichen Bergnatur, sind stets ein fesselndes Erlebnis. wir konnten sie bis zur mitternächtlichen Stunde auskosten, wobei mit dem Kaiserschmarrn und dem roten und weißen Rebsaft nicht gespart werden musste. Dafür sorgte schon die gute Petra. In lebhafter Erinnerung bleibt uns sicher auch die tägliche Prozession der Kühe und Kälber vor die Gartentür der Mitteralm, fast möchte man es glauben, dass diese Tiere, von der Neugier angetrieben, wissen wollten was es Neues vor dem Gästehaus zu sehen gibt.
Die Rückfahrt nach Weißenburg, ohne Blessuren für unsere "Seilschaft" am 3. Tag unserer Exkursion ließ uns zu der Erkenntnis kommen, dass ein Leben ohne Berge möglich, aber sinnlos ist.

GUT HEIL - BERG HEIL !
Walter Winkelmeier