Der TSV 1860 Weißenburg, aktuelles Schlusslicht der Fußball-Bezirksliga 2, hat auf die prekäre sportliche Lage reagiert und sich von seinem Trainer Oliver Wellert getrennt. Nachfolger ist mit Martin Bittl ein Mann aus den eigenen Reihen, der gestern Abend erstmals das Training leitete und die Mannschaft am Sonntag beim TSV Greding coachen wird. „Auch wenn es schwerfällt, so glauben wir doch, dass die Trennung der nötige und richtige Schritt ist“, sagte der sportliche Leiter der TSV-1860-Fußballer, Christoph Jäger, gestern gegenüber unserer Zeitung. Mit „wir“ meint er auch Abteilungsleiter Robert Merkel. Jäger und Merkel haben sich in den vergangenen Tagen ein „Meinungsbild“ in der Mannschaft und im sogenannten Fußballrat des Vereins gemacht und dann ihre Entscheidung getroffen. Ausschlaggebend war dabei letztlich auch der Blick auf die Tabelle. „Es bestand einfach Handlungsbedarf“, findet Jäger. Oliver Wellert ist seit Januar 2015 Trainer der TSV-Sechziger. Im ersten halben Jahr seiner Tätigkeit führte der 45-jährige Rother die Weißenburger auf Rang sieben. Seine erste komplette Saison 2015/2016 war zunächst geprägt von einer – vor allem wegen zahlreicher Verletzungen – verkorksten Vorrunde, dann jedoch zogen Wellert und sein Team mit einer furiosen Rückrunde den Karren aus dem Dreck und kletter- ten von einem Abstiegsplatz auf den sechsten Rang.


Schluss nach 55 Partien
Wohl auch deshalb waren die Erwartungen für die neue Saison im Umfeld höher, doch erneut ist der TSV 1860 in den Abstiegstrudel geraten und hat nach elf Spielen derzeit nur acht Punkte (zwei Siege, zwei Remis, sieben Niederlagen) auf dem Konto. Auch aufgrund der sonntäglichen Absage des Mosbach-Spiels rutschte Weißenburg auf den letzten Tabellenrang ab. Nun entschieden sich die Verantwortlichen nach insgesamt 55 Bezirksliga-Spielen mit Wellert an der Seitenlinie für die Trennung. Mit ihm gehen wird auch sein Bruder und Co-Trainer Thomas Wellert, der seit Saisonbeginn für den TSV 1860 tätig war. Oliver Wellert selbst kann nachvollziehen, dass ein Verein in solch einer Situation auch über den Trainer dis­kutiert. Die Art und Weise, wie es im Vorfeld der Entlassung abgelaufen ist, war nach seinen Worten jedoch schlichtweg „schäbig“. Vorigen Donnerstag habe sich noch der Mannschaftsrat klar für ihn ausgesprochen. Letzten Freitag hätten dann allerdings Teile des Fußballrats die Stimmung zum Kippen gebracht und ein Gespräch mit der kompletten Mannschaft auf den Weg gebracht. Dieses fand am Dienstagabend statt – ohne Wellert, der unter der Woche beruflich in Ostdeutschland war.
„Am meisten ärgert mich, dass man vonseiten des Fußballrats seit dem Marienstein-Spiel Ende Juli nicht mehr mit mir gesprochen hat. Ich hatte keine Chance, meine Sicht der Dinge darzustellen“, sagte Oliver Wellert gestern gegenüber unserer Zeitung. Auch die Kritikpunkte der Dienstagssitzung durfte er nicht mehr widerlegen. Dabei steht für ihn eines fest: „Dass es sportlich nicht läuft, ist natürlich nicht schön.
Es ist allerdings auch erklärbar“, sagt der scheidende Coach mit Blick auf die auch heuer wieder recht großen Verletzungssorgen. Trotz allem war Oliver Wellert „stolz darauf, Trainer in Weißenburg zu sein. Ich habe das gerne gemacht“. Der Mannschaft und seinem Nachfolger Martin Bittl wünscht der Ex-Trainer jedenfalls alles Gute, damit sie die Wende schaffen. Von der Qualität des Kaders insgesamt ist Wellert nämlich nach wie vor überzeugt.
„Sehr gute Qualität“
Auch Christoph Jäger stellt „die sehr gute Qualität unserer Mannschaft heraus“. Der sportliche Leiter ist sicher, „dass trotz der Verletzten genügend Potenzial vorhanden ist, um in der Liga zu bleiben“. Dieses Potenzial in Punkte umzumünzen, ist nun die Aufgabe der Mannschaft und von Martin Bittl. „Mit der A-Lizenz ist er der bestausgebildeste Trainer in unserer Abteilung“, unterstreicht Jäger, für den es auf der Hand lag, den neuen Coach aus den eigenen Reihen zu nehmen.
Martin Bittl ist seit sieben Jahren als Trainer beim TSV 1860 und hat hier mehrere Jugendteams erfolgreich betreut. Zuletzt kümmerte er sich in der Jugendarbeit zwei Jahre lang vermehrt um administrative Dinge, um nun im Sommer mit der neu gegründeten U19/2 wieder eine Mannschaft zu übernehmen. Diese Aufgabe wird er mit Unterstützung von Riccardo Kupsch und Marco Kirchdörfer bei­behalten, der Schwerpunkt gilt aber klar der „Ersten“.
Von seinem neuen Team erwartet er „in jedem Spiel die Bereitschaft, an die Grenze zu gehen“ – erstmals am Sonntag in Greding. Einen weiteren Ansatzpunkt sieht er in manchen „taktischen Veränderungen nach meinen Vorstellungen“. Insgesamt geht Bittl in personeller Hinsicht „unvoreingenommen“ an die Mannschaft heran und bescheinigt seinem Vorgänger eine „akribische Arbeit“. Dafür ist auch Bittl bekannt. Der 49-Jährige lebt mit seiner Familie in Röttenbach. Im Herrenbereich war er früher zweieinhalb Jahre als Spielertrainer beim TSV Röttenbach im Einsatz und führte ihn in die Kreisklasse. Zudem war er für eine Saison Co-Trainer beim damaligen TSV Roth. Danach verschrieb er sich der Jugend­arbeit, wo er neben seiner Tätigkeit beim TSV 1860 Weißenburg auch seit elf Jahren als DFB-Stützpunkttrainer (erst Wendelstein, jetzt Zell) den Nachwuchs fördert. Er selbst hat einst beim früheren TSV Weißenburg in der Jugend-Bayernliga gespielt. Danach war er als Spieler vor allem für den TSV Roth in der Herren-Bezirksoberliga am Ball.